Sonntag, 22. Dezember 2013

Die Heilige Kuh

... Agonda

Jetzt sind wir doch wieder in Agonda und mit dem Blog ein wenig in Verzug. Das ist vielleicht aber gar nicht so schlecht, denn sonst hätten wir wahrscheinlich mittlerweile 10 Posts zu unserer Kuh.


unsere Kuh

Hier in Agonda gibt es jede Menge Kühe und Stiere. Die stehen und liegen überall rum. Auf der kleinen Straße hinter dem Strand, vor allem um die Gemüseläden rum und natürlich auch am Strand. Es scheint als haben sie hier ihre festen Ruten und Zeiten, denn jeden Nachmittag kommt eine große Herde über die kleinen Pfade an den Strand gelatscht, um sich den Sonnenuntergang anzuschauen. Das sind dann so um die 20 - 30 Kühe mit ihren Kälbern und ein paar großen Stieren.

Kühe kommen an den Strand gelatscht


Eine junge Kuh fiel uns auf weil sie immer vor einem Strandrestaurant (das "Green Valley") rum hing. Sie stand morgens immer vor der provisorischen Begrenzung und glotzte einen mit ihren Kuhaugen an. Weil sie nicht mit ihren Kollegen um die Häuser zog, sondern sich lieber am Restaurant aufhielt, machte ich bei Nitin, einem der Jungs der hier zur Saison im Green Valley arbeitet, den Scherz, dass sie sich wohl für einen Mensch hält, woraufhin er mir zeigte warum sie nicht mit den anderen mitzieht: Ihre Hufe ist viel zu lang und vom Laufen wund und in der Wunde wimmelte es nur so von Maden.

die schief gewachsene Hufe


Nitin hat dann für den nächsten Tag einen Tierarzt organisiert. Der kam dann an den Strand und hat erstmal das ganze Madengetier da rausgeholt und die Wunde gesäubert, konnte aber leider die Hufe nicht schneiden. Die arme Kuh ließ die ganze Prozedur über sich ergehen, sie hatte aber auch nicht die Wahl, eine Horde von Menschen beteiligte sich an der ganzen Aktion und lag kreuz und quer auf der Kuh um sie am Boden zu halten.

Am nächsen Tag bin ich dann mit Nitin mit dem Roller in den Nachbarort gedüst und wir haben versucht einen Tierarzt zu finden, der der Kuh die viel zu langen Hufe beschneidet. Aber leider kann das keiner der Tierärzte hier in der Gegend, sondern nur einer aus Madgaon, ca 35 Km von hier und der kommt nur alle 10 Tage. Nitin und ich haben uns der Kuh angenommen bis der Arzt dann das nächste Mal kommt. Nitin tut es für sein Karma und ich bin da so rein gerutscht.

Wir haben dann auf Raten des Tierarztes erstmal die Kuh vom Stand weggeholt, weil der Sand immer in ihrer Wunde rumribbelt und haben sie auf einem der kleinen Wege runter zum Strand an einem Zaun festgebunden. Einer der Jungs aus unserem Guesthouse hat uns dann mit dem Roller eine Stelle gezeigt wo wir trockenes Gras pflücken können um den "Kuhstall" damit auszulegen. Jetzt muss Resi jeden Tag mit mir Gras pflücken gehen.

was man nicht alles tut für die Kuh...






Da die Fressmaschine jetzt nicht mehr alleine auf Futtersuchen gehen kann sind wir die Gemüseläden abgefahren um Gemüsereste zu besorgen. Die Restaurants drum rum geben ihr zusätzlich die Bioabfälle. Die Kuh wühlt dann mit ihrer Schnauze darin rum und sucht sich ihre Leckereien aus.
Die Hufen müssen jeden Tag desinfiziert werden. Das hasst unsere Kuh und da wird sie dann auch ziemlich zickig.

Nitin und ich beim Desinfizieren der Wunde

Das ist jetzt seit fünf Tagen die Standardprozedur. Mittlerweile haben wir säckeweise Blumenkohlblätter gelagert und beschäftigen seit vorgestern eine Frau, die ein paar Mal täglich den Platz ausmistet.

die Kuh wurde abends von Leuten zugedeckt damit sie nicht friert
Die Kuh ist ziemlich zutraulich und sie lässt sich gerne schmusen.






Allerdings wird sie zur Zeit von Tag zu Tag wilder. Zwischen dem Kraulen boxt uns mit ihrem Kopf.
Leider wissen wir nicht wie wir das zu deuten haben. Im Internet findet man nichts über so ein Verhalten (man findet nur Infos zum Thema "Nutztier"- Kotz!). Ist das Kontaktaufnahme oder will sie einfach dass wir verschwinden? Vielleicht hat sie kein Bock mehr drauf angebunden zu sein.  Positiv ist auf jeden Fall, dass sie viel fitter und stärker ist als vorher, als sie nur schwach in der Gegend rum hing. Die Wunde scheint ein wenig verheilt zu sein und es hängen keine Fliegen mehr darin rum. Zu Beginn hat die Infektion ganz furchtbar gerochen, das ist jetzt nicht mehr der Fall.

die Kuh boxt mich


Wir hoffen den Tierarzt überzeugen zu können, dass er kommt und die Hufe schneidet. Eigentlich ist hier mit Geld ja alles möglich, doch die Tierärzte haben Angst, dass wenn bei einer Behandlung von einem Tier etwas schief läuft, das vermeintlich keinen Besitzer hat, dann auf einmal doch jemand auftaucht und die Hand aufhält und auf Entschädigung pocht.




Obwohl wir Kühe mögen, haben sie auf uns immer einen etwas hohlen, stoischen Eindruck gemacht. Egal was ist (die latschen einem auf der Straße fast in den fahrenden Roller rein, sie bekommen einen Klaps auf den Hintern, es gibt was leckeres zu Essen etc.), die gucken immer mit dem gleichen Gesichtsausdruck. Aber Kühe kommunizieren nicht mit Mimik, das können sie aufgrund fehlender Gesichtsmuskulatur gar nicht. Sie kommunizieren mit ihren Ohren. 
Also, wenn ihr euch einer Kuh nähert und diese wackelt mit dem Ohr, dann hat sie euch bereits gesehen, wenn sie euch dann nach weiterem Nähern (mit dem ausdruckslosen Blick) anglotzt, heißt das "Stop!". 


Was man nicht doch alles von einer Kuh lernen kann...

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